In meinem heutigen Beitrag wildere ich – und zwar in einem Gebiet, das mir persönlich gar nie so recht Freude bereitet hat, dem Steuerrecht. Das Steuerrecht spielt gerade auch im Familienrecht eine gar nicht unerhebliche Rolle und immer wieder wird der Anwalt mit Fragen dazu konfrontiert – vor allem natürlich dazu, wie man Steuern sparen kann, sei es nur als Ehegatten oder Ex-Ehegatte.
Kosten für eine Scheidung galten früher als absetzbar, heute ist das nicht mehr so. Zur Abzugsfähigkeit von Prozesskosten gibt es gleich vier grundlegende BFH-Urteile vom 18.05.2017 VI R 66/14, VI R 81/14, VI R 19/15 und VI R 9/16. Der BFH hat klargestellt, dass es sich bei Scheidungskosten um Prozesskosten handele, die unter die Abzugsbeschränkung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG fallen. Die Norm lautet im Auszug:
Umso mehr erstaunt mich ein neueres Urteil des FG Düsseldorf zu absetzbaren Prozesskosten bezogen auf einen Fall, bei dem es um einen Rechtsstreit wegen einer Kindesentführung ging. So hat das FG Düsseldorf , 13 K 3024/17 E in einem Urteil vom 13.03.2018 entschieden, dass die Kosten für einen Zivilprozess aus Anlass einer Kindesentführung nach Südamerika als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können.
Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung 2014 Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen nicht zum Abzug zu und erläuterte, die Prozesskosten könnten gemäß § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht berücksichtigt werden. Dagegen wehrte sich der Kläger mit Einspruch und schließlich Klage. Das FG Düsseldorf hat der Klage jetzt stattgegeben und die geltend gemachten Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung anerkannt.
Hintergrund der Entscheidung:
Zwar fehlt es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess an der Zwangsläufigkeit des die Zahlungspflicht der Prozesskosten auslösenden Ereignisses. Der BFH hat jedoch Ausnahmen von der mangelnden Zwangsläufigkeit erkannt, etwa wenn der Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich berührt und der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Eine weitere Ausnahme hielt der BFH für gerechtfertigt, wenn die Streitigkeit einen Kernbereich menschlichen Lebens berührt, wie es beim Umgangsrecht der Eltern mit ihren Kindern der Fall ist. Die Verweigerung des Umgangs mit den eigenen Kindern könne zu einer tatsächlichen Zwangslage führen, die die Anrufung eines Gerichts unabweisbar mache. Hierzu gehören in Folge verfassungskonformer Auslegung des Begriffs der Existenzgrundlage hierzu auch Prozesskosten im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit über das Umgangsrecht eines Vaters mit seinem Kind und der Rückkehr des bei der Mutter im Ausland lebenden Kindes nach Deutschland.
Der bei einem Kind wie bei den Eltern vorhandene Wunsch nach gegenseitiger Liebe und Nähe ist ein elementares menschliches Bedürfnis. Die Rechtsordnung trägt dem sowohl hinsichtlich des Anspruchs des Kindes auf Kontakt zu seinen leiblichen Eltern als auch umgekehrt durch Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) Rechnung, in dessen Schutzbereich auch der Kläger als Vater der Tochter, für die er ein Umgangsrecht und eine Rückkehr zu ihm nach der Entführung durch die Mutter erreichen möchte, fällt.
Vor diesem Hintergrund hält das Gericht im Streitfall eine verfassungskonforme Auslegung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG für erforderlich. Das FG sieht sich zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Art. 6 GG berechtigt und verpflichtet, § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung dahingehend zu deuten, dass die Existenzgrundlage eines Steuerpflichtigen auch dann gefährdet ist, wenn er ohne den Prozess keine (legale) Möglichkeit hat, seine von der Kindesmutter ins Ausland entführte Tochter nach Deutschland zurückzuholen und so Gefahr läuft, sein Kind nie mehr wiederzusehen.
Aber Achtung:
Was heute geschrieben steht, muss in der Rechtsprechung nicht zementiert sein. Es gibt ja einen Instanzenzug und das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Ich bin also gespannt, ob das hält.
Hier noch der Link für die Lektüre der Entscheidung.